Schauen Sie, was der Kopf tut

Mit dem Kopf ist der Verstand gemeint, ein Werkzeug, das uns helfen soll, mit dem praktischen Leben zurechtzukommen. Der Verstand sammelt Wissen und Erfahrungen. Damit beurteilt er laufend Situationen der Gegenwart und trifft Entscheidungen. Der Nachteil dabei ist, dass er die Lösungen immer aus Bausteinen der Vergangenheit baut. Er hat nichts anderes zur Verfügung.
Neuem steht er mit Ablehnung gegenüber, nach dem Motto „Was der Bauer nicht kennt, das isst er nicht.“

Nun nehmen wir zum Beispiel an, Sie möchten das Zeichnen erlernen. Ihre diesbezügliche Erfahrung, Ihr Wissen und Können in diesem Bereich ist aber sehr bescheiden. Dies vielleicht, weil Sie nach einer ungeschickten Behandlung durch einen Lehrer in der dritten Klasse einen Karriereknick im Zeichnen erlebt und sich nicht mehr davon erholt haben. So wurde fortan in den Zeichenstunden nur noch Dienst nach Vorschrift geschoben, und nach Schulende blieb der Zeichenstift in der Schachtel.

Als Kind im Vorschulalter haben Sie sich aber ganz begeistert auf dem Papier ausgetobt mit Zeichenstiften und grenzenloser Phantasie. Aus irgend einem Grund ist der Wunsch zu zeichnen bei Ihnen nach Jahren wieder erwacht – ein zartes Pflänzchen der Kreativität, das da auf einmal aus dem kargen Boden des Alltags hervorspriesst.

Nun passiert es: Unaufgefordert macht sich der Verstand daran, diesen Wunsch aufgrund seiner gesammelten Daten zu beurteilen. Er rast mit seinem Hubstapler ins Hochregallager, um Material betreffend Zeichnen zu holen. Bald kommt er mit einem kümmerlichen Päcklein in der Grösse einer Streichholzschachtel zurück, schaut hinein und fällt alsdann ein vernichtendes Urteil:

Er hat natürlich recht, der Kopf. Doch sein Urteil ist einseitig, weil er eben nur die Vergangenheit anschaut. Und wenn Sie dasselbe tun, ist es um ihren Zeichenwunsch geschehen. Das aufkeimende Pflänzchen der Kreativität wird umgehend wieder in den Boden zurückgestampft. – Die Welt wimmelt von Talenten, die aufgrund einer solchen Behandlung nie ans Licht gekommen sind!

 

 

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