Die drei heiligen Räume

DER ZEITRAUM

Der erste Raum, den du fürs Zeichnen benötigst, ist also der Ort: Das Atelier, die Ecke im Wohnzimmer – oder als Notlösung der Küchentisch. Hier wollen wir einen Blick auf den zweiten Raum werfen, den du fürs Zeichnen brauchst – den Zeitraum.

Es wird gesagt, der Feind der Liebe sei die Zeit. Das kann sehr wohl aufs Zeichnen übertragen werden. Genau betrachtet ist – wie bei der Liebe – nicht wirklich die Zeit der Feind, sondern das Fehlen von Zeit. Willst du zeichnen, schiebt sich oft ein grosses rotes T dazwischen und gräbt dem guten Vorsatz das Wasser ab, so dass nur noch ein dürftiges Rinnsal übrigbleibt, das schliesslich ganz versiegt:

ZEITCHNEN

Wenn das immer wieder geschieht, solltest du dir als erstes eine Frage stellen:
  • Will ich wirklich zeichnen?
Beantwortest du diese Frage mit einem klaren JA, ist die zweite Frage fällig:
  • Warum will ich zeichnen?

Das ist die entscheidende Frage! Die Antwort darauf ist deine Motivation. Der Begriff kommt von lateinisch “movere” = bewegen. Je grösser deine Motivation, umso stärker ist der Motor, der dich antreibt auf deinem Weg zum Ziel!

Um noch etwas mehr Wortklauberei zu betreiben: Zeichnen ist eine Erfahrung. In diesem Wort steckt der Begriff “fahren”. Das Zeichnen ist tatsächlich eine Fahrt. Diese findet – vor allem am Anfang – nicht immer bei Sonnenschein in einer topfebenen Landschaft statt. Es sind all die Steigungen des technischen Könnens zu überwinden.

 

Enttäuschungen kann es regnen, und der Gegenwind der Selbstabwertung bläst dir vielleicht ins Gesicht. Das sind alles Herausforderungen, die es zu meistern gilt. Die Motivation ist dein Motor, der dich da hindurchbringt. So wird das Zeichnen zu einer wunderbaren Erfahrung und einer Chance zum Wachsen!

Hast du eine Antwort auf die zweite Frage gefunden?
Dann folgt die dritte:

  • Wo finde ich die Zeit zum Zeichnen?

Die Agenda ist wie eine Kommode. In einer solchen sind meist keine leeren Schubladen zu finden. Willst du etwas Neues hineinpacken, muss das Alte zusammenrücken – oder etwas davon muss raus. So ist es mit der Zeit fürs Zeichnen. Sie ist nicht einfach da. Du musst erst Platz dafür schaffen. Damit es kein Gedränge oder Durcheinander in den Zeitschubladen gibt, ist es sinnvoll, etwas rauszuschmeissen. Doch was?

Die Zeit für den Beruf lässt sich nicht ohne Weiteres reduzieren. Die Stunden für Familie und soziale Kontakte sollten auch nicht zurückgestutzt werden. Diese sind ohnehin meist spärlich dotiert. Einen berechtigten Anteil am Zeitkuchen hat Bewegung und Sport oder was wir sonst dem Körper Gutes tun. Was bleibt denn noch? – Die grossen Zeitfresser. Wir wollen hier keine Namen nennen….

Wie der grosse Philosoph Seneca schon sagte: “Es ist nicht zu wenig Zeit, die wir haben, sondern zu viel Zeit, die wir nicht nutzen”. Tatsächlich wären beträchtliche Zeitreserven zum Anzapfen da, doch die Schubladenbewohner der Zeitkommode, die dafür in Frage kommen, wehren sich wie der Käfer im Dreck, damit sie ihren Platz nicht räumen müssen. Hier entscheidet es sich, wie stark deine Motivation ist, wer letztlich die Oberhand gewinnt – und ob der Sprung vom Wollen zum Können im Zeichnen gelingt.

                                               Matto