Der Weihnachtskugelschreiber 

Es gibt nichts Gewöhnlicheres als ein Kugelschreiber. Zwar eine geniale Erfindung, aber so in unserem Alltag integriert, dass wir ihn kaum mehr wahrnehmen – bis er nicht mehr funktioniert, weggeworfen und durch einen anderen ersetzt wird.

Das war auch bei mir so. Bis eines Tages ein Kugelschreiber auf meinem Schreibtisch zu sprechen begann. Heftig beklagte er sich über mangelnde Wertschätzung und die zunehmende Konkurrenz durch «elektronisches Schreibzeug», wie er sich ausdrückte. Mit ihm würden bestenfalls noch Einkaufszettel und irgendwelche Notizen flüchtig hingekritzelt. Er sei aber, so behauptete er, zu weit mehr fähig!

Seine Worte berührten mich, und weil ich gerade dabei war, eine Weihnachtskarte zu entwerfen, nahm ich ihn – statt eines Bleistifts – zur Hand und begann zu zeichnen. Mit unbändiger Freude zauberte der Kugelschreiber Strich um Strich aufs Papier, und ich kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Was da entstand, war in der Tat mehr als ein Einkaufszettel!

Weil wir beide, der Kugelschreiber und ich, nach vollendetem Werk in heiterer Stimmung waren, verlieh ich meinem Zeichenpartner spasseshalber den Titel «Weihnachtskugelschreiber».

Eine Weihnachtskugel wird bewundert und mit grosser Sorgfalt behandelt. Dabei schläft sie das ganze Jahr in ihrer Schachtel und kommt nur für kurze Zeit hervor, um ein bisschen rumzuhängen. Man kann sie nicht einmal essen, wie die Schokolade, die auch am Weihnachtbaum hängt – und wenn sie versehentlich zu Boden fällt, ist sie kaputt. Da ist der Kugelschreiber ganz anders unterwegs – die Ernennung zum «Weihnachtskugelschreiber» hat er wahrlich verdient!

Auch wenn mein Kugelschreiber viel Lebenskraft in die vielen hundert Striche seines Werks hineingesteckt hatte, war er danach noch eine ganze Weile mit mir unterwegs, bis sein Leben schliesslich zu Ende war. Ein echter Held – und sein Bild lebt weiter!

Ihm ist es zu verdanken, dass auch andere Kugelschreiber fortan für mich «Weihnachtskugelschreiber» sind. Mehr noch: Seine Botschaft begann auch auf andere Bereiche meines Lebens auszustrahlen. Mir wurde bewusst, wie achtlos ich mich oft den alltäglichen Dingen gegenüber verhielt. Dass ich mich ihrer bediente und vielleicht gar schimpfte, wenn sie ihren Dienst irgendeinmal versagten. Und – ich konnte den Gedanken kaum ertragen – diese Undankbarkeit machte nicht Halt bei den Dingen. Sie betraf auch Menschen an meiner Seite.

Matto

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