Ohne Krawatte

Ein Freund von mir war Direktor einer Bank. Als er in den Ruhestand trat, feierte er dies mit einem Fest in einem gediegenen Lokal. Das Besondere dabei war, dass er dort an einer Wäscheleine seine zahlreichen Krawatten aufhängte, von denen er sich jeden Tag eine hatte umbinden müssen, wenn er zur Arbeit ging. Von diesen Krawatten durfte jeder männliche Gast am Ende des Anlasses eine auswählen und mit nach Hause nehmen. – Wie gross muss für meinen Freund am Ende des Abends die Erleichterung gewesen sein: Adieu Krawatte – willkommen offener Hemdkragen!

So schön und edel eine Krawatte auch sein mag, sie beengt. Mir erscheint sie wie eine Zollschranke auf dem Hals, die dafür sorgt, dass kein unerlaubtes Gepäck vom Herz zum Kopf und – Gott behüte! – gar aus dem Mund gelangen kann.

«Was hat das mit mir zu tun?», magst du jetzt denken, wenn du eine Frau bist, die ohnehin keine Krawatten trägt. Oder ein Mann, der sich das auch nie antun würde. – Lass uns den Bogen etwas weiterspannen: Meines Erachtens ist die Krawatte ein Symbol, ein Ausdruck von MUSS.

 

«Kein Mensch muss müssen», schrieb der deutsche Dichter und Denker, Gotthold Ephraim Lessing. Für diesen Satz hast du vielleicht nur ein müdes Lächeln übrig und denkst: «Schön wär’s!» Die meisten von uns müssen, weil sie irgendwelchen Sachzwängen unterworfen sind. Träger von Krawatten, sozusagen – auch wenn diese nicht sichtbar sind.

Weil ich da keine Ausnahme bin, suchte ich einen Weg, um damit fertigzuwerden. Dabei fand ich einen Trick: Hängt man dem MUSS ein E an, wird MUSSE daraus. Für diesen Begriff gibt es einige Definitionen, auch schöne, poetische. Musse kannst du aber auch einfach als freie Zeit bezeichnen, die du mit allem füllst, was du willst. – DU und nicht die anderen! Und das ist mein Trick: Wenn das MUSS zu schwer wird, gönne ich mir etwas MUSSE, lege sie auf die andere Seite der Lebenswaage – und die Sache kommt wieder ins Gleichgewicht.

Die Sommerzeit ist gut geeignet, immer mal wieder ein E anzuhängen. Das lässt sich auch wunderbar mit Papier und Zeichenstift machen. Am besten ohne Krawatte.

                                                 Matto 

 

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