Unser eigenes Königreich 

Die grösste Kraft in unserem Leben ist die Liebe. Sie macht uns gross und stark. Durch sie werden wir zum König oder zur Königin in einem Reich, das wir frei und selbstbestimmt regieren – zum Wohl von uns und allem, was uns anvertraut ist.

Das Gegenteil von Liebe ist nicht etwa der Hass – es ist die Angst. Das Wort kommt aus dem Lateinischen “angustus” und bedeutet “eng”.

Das Witzige an diesem Wort ist, dass sich der zweite Buchstabe umdrehen lässt: Das n wird zum u. Erst breitbeinig und bucklig wird derselbe Buchstabe nun nach oben offen wie ein Gefäss, und das Wort bekommt eine völlig andere Bedeutung: Aus “angustus” wird “augustus”. Das heisst “erhöht”, “erhaben” oder “ehrwürdig”.

Augustus hiess früher ein mächtiger römischer Kaiser. Heute kommt der Name – ausser in einer Monatsbezeichnung versteckt – praktisch nur noch beim “dummen August” im Zirkus vor. Irgendwie bezeichnend für die Zeit, in der wir leben. Das u ist umgedreht. Wir fühlen uns alles andere als erhaben, und was herrscht, ist die Angst. Diese wird tüchtig geschürt, so dass wir gar nicht auf die Idee kommen, uns als König oder Königin zu fühlen. Eher sind wir Sklaven aller möglichen Zwänge – Bauern auf dem Schachbrett anonymer Spieler.

Das mag alles so sein, doch was ums Himmels Willen hat das mit dem Zeichnen zu tun? Mehr als man denkt!

Wenn ich zeichne, erschaffe ich mir ein eigenes Königreich. Mit jedem weissen Blatt, das ich zur Hand nehme, eröffnet sich mir eine schier grenzenlose Freiheit, dieses Reich mit Formen und Farben zu besiedeln. Ich spiele die höchste Fähigkeit aus, die uns Menschen gegeben ist – aus dem Nichts etwas zu erschaffen. Das sprengt die Fesseln des Sklaven – ich bin König in meinem Reich! Dabei kann ich die Welt und die Zeit vergessen, und das ist eine Form von Glück.

Der Krieg und das Leid, das sich nunmehr vor unserer Haustüre abspielt, ist bittere Realität. Sich Freude zu gönnen oder gar glücklich zu sein, scheint unter diesen Umständen nicht angebracht. Vielmehr versuchen wir, das Unfassbare zu erfassen, indem wir es im Gespräch und in den sozialen Medien mit anderen teilen. Dabei merken wir nicht, dass dies nichts zu einer Verbesserung der Situation beiträgt. Gar nichts! Im Gegenteil. Ungewollt tragen wir dazu bei, die Angst zu verbreiten. Wir füttern den schwarzen Wolf, während der weisse daneben verhungert.

Wäre es da nicht besser, etwas Energie und Aufmerksamkeit unserem eigenen Königreich zu widmen? Es ist wohl nur ein kleines Licht, das wir damit anzünden. Doch auch eine Kerze vermag Dunkelheit zu vertreiben. Und was wäre, wenn es ganz viele solcher Lichter gäbe?

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Das Schlusswort möchte ich einer lieben Teilnehmerin unserer Ferienkurse überlassen. In einer Mail hat sie mir kürzlich geschrieben:

Die Nachrichten aus der Ukraine bedrücken uns alle, und der Mut, mit dem die Menschen für ihre Freiheit kämpfen, ist unglaublich. Umso mehr sollten wir dieses kostbare Gut wertschätzen. Ich bin jeden einzelnen Tag dafür dankbar – und auch für das schöne Wetter und die Tulpen und Narzissen, die jetzt in meinem Garten heranwachsen.

Habt eine gute Zeit, bleibt gesund und schaffensfroh!

Diesen schönen Wunsch gebe ich gerne mit einem herzlichen Gruss an Dich weiter

Matto

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